Richard Wood by Schopenhauer Johanna

Richard Wood by Schopenhauer Johanna

Autor:Schopenhauer, Johanna
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00


Zweiter Theil

Vorwärts, nur immer vorwärts! trieb Iwan unaufhörlich, abwechselnd bittend und fluchend, in fieberhafter Rastlosigkeit. Große Staubwolken wirbelten zum Himmel auf, die kleinen zottigen Pferde keuchten in fliegendem Galopp, unter fortwährendem Peitschenknallen der durch unerhörte Trinkgelder zu unerhörten Thaten begeisterten Postillione, vor der leichten Kibitka. So ging es, bei Sonnen- und Mondenschein, bergauf bergab, die langen heißen Tage, die wundervollen lauen Nächte hindurch, bis endlich Moskau erreicht war.

Nur wenn glücklicher Weise einmal am Wagen etwas brach, ein Pferd stürzte, oder die Räder bei der übergroßen Eile in Brand geriethen, nur durch solch einen willkommnen Zufall war es Richard einigemal gelungen, eine kurze Zeit zum Ausruhen zu gewinnen. Doch durfte diese erzwungene Ruhe nie zu lange währen, wenn Iwans krankhafte Ungeduld nicht bis zum Unerträglichen sich steigern sollte. Der Unglückliche glaubte dann in jedem auf ihn zuschreitenden Reisenden den Boten zu sehen, der gesandt sei ihn gewaltsam zurück nach Petersburg zu führen, und brach in so ängstliche herzzerreißende Klagen aus, daß Richard der eigenen Ermüdung darüber gern vergaß, und die Fortsetzung der Reise auf jede Weise zu beschleunigen suchte, aus Furcht, Iwan könne bei längerem Verweilen zurück in seinen vorigen trostlosen Zustand, oder wohl gar in unheilbaren Wahnsinn verfallen.

In unglaublich kurzer Zeit hatten die Reisenden auf diese Weise den weiten Weg bis Moskau zurückgelegt, ohne einen bedeutenden Unfall zu erleiden. Der Anblick der ihm wohlbekannten Plätze und Straßen, der Häuser und Paläste, wirkte beruhigend auf den sonst rastlosen Iwan. Er rief jene genußreiche Zeit ihm zurück, die er bald nach der Trennung vom Vaterlande hier verlebte; hierher war er mit frischen Sinnen, ein mit dem ernsteren Gange des Lebens noch unbekannter Neuling in der Welt, zuerst gekommen; warum, dachte er, sollte er von hier aus, wo er schon auf halbem Wege sich befand, nicht wieder in sein Vaterland zurückgelangen können? Ein wunderlicher Schluß, wie er wohl in einem so tief und so schmerzlich zerrütteten Geiste nur entstehen konnte; aber er besänftigte doch die bis aufs höchste getriebene Spannung seiner Nerven. Iwan fing an sich ermüdet zu fühlen; zum erstenmal seit Petersburg erblickte er im Spiegel seine bis zum Unkenntlichen veränderte Gestalt, und verlangte jetzt selbst sich hier einige Tage zu erholen.

Nein, sprach er: so darf meine Mutter ihren Sohn nicht wieder finden, sie könnte den Tod davon haben! ich halte es hier wohl einige Zeit aus; sehe ich doch schon einzelne Gestalten in der Tracht meines Landes an meinem Fenster vorüber ziehen, schallen doch schon zuweilen einige Töne aus meiner Muttersprache erquicklich zu mir herauf, auch wehen heimathliche Lüfte mich schon an, und ermuthigen mir zum schönsten Hoffen das gesunkene Herz.

Richard trachtete vor allem den Freund in dieser heilsamen Stimmung zu bestärken; er führte, freilich mit großer Auswahl, einige seiner früheren Bekannten ihm zu, um ihm die Zeit zu verkürzen, und hielt sich und seinen Freund für völlig geborgen, als er durch einen glücklichen Zufall einen wohlhabenden in Moskau etablirten Teppichhändler aus Tiflis auffand, der mit seiner Vaterstadt unaufhörlich in Handelsverbindungen stand. Dmitry, so hieß der gute freundliche Mann, schloß jetzt



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